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Hans-Dieter Frauer – Die schwäbische Insel

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Artikelnummer: 549122

Beschreibung

Geschichten zur Geschichte Würtembergs

Die Reformation kam erst 1534 nach Württemberg. Das kleine, arme, abgelegene Land mit damals etwa 280.000 Einwohnern ist aber im Sinne des neuen Glaubens so durchgreifend umgestaltet worden, dass es bald zum führenden evangelischen Staat aufstieg. Die württembergische Pfarrerschaft galt als die beste im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation. Damit jedermann die Bibel, das Wort Gottes, selbst lesen konnte, wurde ein beispielhaftes Bildungssystem neu eingeführt, das von den Dorfschulen über die anfangs 13 Klosterschulen bis zum Stift und der Universität in Tübingen führte: damit sind auch die Weichen für Württemberg als Land der Dichter und Denker gestellt worden. Die Landesuniversität Tübingen wurde rasch zum Wächter über die reine Lehre.

Die so entstandene „schwäbische Insel Württemberg“ wurde im 30-jährigen Krieg völlig zerstört. Das Land verlor fast zwei Drittel seiner Einwohner: lebten bei Kriegsbeginn im Jahre 1618 etwa 450.000 Menschen im Herzogtum. So waren es bei Kriegsende noch etwa 100.000. Zahlreiche Orte sind buchstäblich leer gestorben.

Nachdem endlich Frieden war, wollten geistliche und weltliche Obrigkeit „die schwäbische Insel Württemberg“ wieder schaffen und die Menschen zum Christentum erziehen. So wurde die Aufsicht über die Pfarrer verschärft und die Schulpflicht für Jungen und Mädchen eingeführt. Mit einer Vielzahl von Vorschriften wurde das Alltagsleben bis ins Einzelne gegängelt, die örtlichen Kirchenkonvente überwachten das Leben. Alles, was irgendwie auffiel, wurde abgerügt: das Fernbleiben vom Gottesdienst ebenso wie Tanzen, Sonntagsentheiligung, Wirtshausbesuch, Streit in Familie oder Nachbarschaft. Die rund 250 Jahre währende intensive Überwachung hat den württembergisch-schwäbischen Volkscharakter hervorgebracht: man schafft, man gönnt sich nichts, man fällt nicht auf. So entstand – ungewollt – das berüchtigte „Lutherisch Spanien“ mit sinnentleerten Ritualen.

Hans-Dieter Frauer (Jahrgang 1943) lebt als freier Publizist in Herrenberg. Er hat mehrere Bücher zur Geschichte Württembergs und seiner Kirche verfasst und hält Vorträge dazu.

128 Seiten (gebunden)

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